
Liebe/r Studienteilnehmer/in
das Jahr geht jetzt ganz rasch zu Ende und wir möchten Sie gerne wieder in bewährter Weise auf den neuesten Stand der Bayerischen Entwicklungsstudie bringen.
Im Juni 2023 hatten wir den zehnten Untersuchungsdurchgang gestartet und konnten zum 30. September dieses Jahres die Datenerhebung beenden. Wir waren erneut überwältigt von Ihrer Bereitschaft, auch nach über vier Jahrzehnten wieder so zahlreich an der Studie teilzunehmen! Der erneute Kontakt mit Ihnen war vor allen Dingen für die neuen Untersucher*innen ein beeindruckendes Erlebnis. Das ganze Team möchte Ihnen sehr herzlich danken, dass Sie uns Ihre Zeit geschenkt und so diese Untersuchungsphase wieder zu einem großen Erfolg gemacht haben. Wir sind alle sehr gespannt auf die jetzt folgende Studienauswertung und möchten Ihnen natürlich in den folgenden Jahren weitere wichtige Ergebnisse vorstellen.
417 Teilnehmer*innen haben das telefonische Interview zum Lebensverlauf absolviert.
299 Teilnehmer*innen wurden zusätzlich in München oder Zuhause untersucht.
352 Speichelproben wurden gesammelt und analysiert.
Diese Ergebnisse bedeuten, dass immer noch knapp 60%, der mit Geburt in die Studie aufgenommenen Teilnehmer*innen, der Studie fast 40 Jahre treu geblieben sind. Das ist im Vergleich zu anderen Langzeitstudien ganz herausragend und zeigt Ihre hohe Motivation. Deshalb möchten wir gerne mit Ihnen auch in Zukunft in Kontakt bleiben und werden dies durch Geburtstagsbriefe und Newsletter weiterhin versuchen.
In diesem Jahr haben wir unsere Website neugestaltet, um Sie noch besserinformieren zu können. Die Internetadresse ist unverändert, bitte besuchen Sie uns unter: www.bayerische-entwicklungsstudie.de.
Mit viel Elan hatte das Team die Durchführung eines Sommerfestes für alle Studienteilnehmer*innen im vergangenen September in München geplant. Das Anmeldeverfahren erbrachte aber eine so geringe Resonanz, dass wir zu unserem ganz großen Bedauern die Veranstaltung absagen mussten.
Dadas Team den Termin aber fest eingeplant hatte, wurde ein zweitägiges Treffen in München zur Diskussion zukünftiger Forschungsideen abgehalten. Wir möchten Ihnen gerne unsere wichtigsten Themen vorstellen:
Frage1: Wie beeinflussen Umweltfaktoren von der Schwangerschaft bis zum Erwachsenenalter spezifische (z. B. psychische Gesundheit, kognitive Fähigkeiten usw.) und umfassende funktionelle Ergebnisse (z.B. wirtschaftliche Situation, soziale Beziehungen) bei Frühgeborenen?
Frage2: Verändern schützende Umgebungen die Hirnstruktur und - aktivität? Vermitteln oder moderieren veränderte Hirnstrukturen oder -aktivitäten den Zusammenhang zwischen Frühgeburt und funktionellen Ergebnissen?
Frage3: Haben Frühgeburt und die daraus resultierenden Entwicklungsanpassungen Auswirkungen auf das Altern?
Frage4: Wie wirkt sich Frühgeburt auf die Fertilität und die nächste Generation aus?
Nach den sehr intensiven und erfolgreichen Vorträgen und Diskussionen hat das Team noch bei einem Besuch im Biergarten Abschied gefeiert, denn für alle, die nur für die Datenerhebung engagiert worden waren, endete ihre Zeit für BEST. Das Foto zeigt alle BEST-Mitglieder, Sie werden vielleicht den einen oder anderen wiedererkennen.

Professor Dieter Wolke präsentierte am 26. November 2025 in London vor 200 Neonatologen, Kinderärzten, Forschern und Kinderkrankenpflegern aus aller Welt die neuesten Forschungsergebnisse des Projekts „Lebensverlauf nach sehr früher Frühgeburt: Interventionsmöglichkeiten“. Ziel der Veranstaltung war es, den Teilnehmenden neue wissenschaftliche Bereiche vorzustellen, die nicht unbedingt zu ihrem Arbeitsalltag gehören, ihren Horizont zu erweitern und neue Kooperationen anzustoßen. Die Veranstaltung wurde von der Europäischen Gesellschaft für Pädiatrische Forschung unterstützt – weitere Informationen finden Sie im Internet unter: Neonatal Update 2025 | Medizinische Fakultät| Imperial College London.
Hirnveränderungen nach sehr früher Geburt sind nicht nur sehr individuell, sondern auch veränderbar durch unsere sozialen Beziehungen
Viele Untersuchungen der Magnet-Resonanz-Tomographie, MRT, der letzten beiden Jahrzehnte zeigten, dass es nach einer Frühgeburt zu anhaltenden Veränderungen im Gehirn kommen kann. Meist werden diese Veränderungen ausgelöst durch eine verringerte lokale Durchblutung und/ oder Sauerstoffversorgung bei der Geburt. Basierend auf den vielen bisherigen MRT-Untersuchungen ging man davon aus, dass die Gehirnentwicklung von sehr Frühgeborenen einem typischen Muster von Hirnveränderungen folgt. Ein Beispiel ist in Abbildung 1 auf der linken Seite abgebildet: das Muster an Veränderungen der Hirnrindendicke folgt einer zu frühen Geburt und manifestiert sich im Jugend- und Erwachsenenalter. Diese Befunde vermitteln den Eindruck, als wären diese Veränderungen für alle frühgeborenen Menschen ähnlich. Gleichzeitig wissen wir aber aus dem Alltag und von vielen Tests: Frühgeborene entwickeln sich sehr unterschiedlich in ihrer Hirnleistung – von herausragend bis stark beeinträchtigt – ein starker Widerspruch.
Angetrieben durch diesen Widerspruch von scheinbar stabiler Hirnveränderung und doch unterschiedlicher Hirnleistung, vermuteten wir, dass auch Hirnveränderungen nach Frühgeburt unterschiedlich sind. Die üblicherweise verwendeten Methoden der MRT-Analyse können diese individuellen Unterschiede aber nicht darstellen.

Abbildung 1: Ergebnisse von Mittelwertstudien (a) zeigen ein scheinbar universelles Muster für alle Frühgeborenen. Unsere Studie (b) fokussiert sich auf die individuellen Hirnveränderungen sowie die äußeren Einflussfaktoren, die diese beeinflussen.
Eine neue Art, Gehirnentwicklungen zu betrachten: ähnlich wie Wachstumskurven beim Kinderarzt
Bisherige MRT-Auswertungen verglichen nur den Durchschnittswert zweier Gruppen (sehr Frühgeborene im Vergleich zu einer reifgeborenen Vergleichsgruppe). Um individuelle Unterschiede festzustellen, muss aber das „Wachstumskurvenprinzip“ verwendet werden: Anstatt nur den Durchschnitt zu betrachten, nutzen Wachstumskurven eine sehr große Vergleichspopulation (meist über 10.000 Menschen), um die Verteilung des „normalen“ Körpergewichts zu verstehen. Anhand dieser sogenannten Perzentil-Kurven kann dann untersucht werden, wo jede einzelne Person im Vergleich zu der großen, altersgleichen Referenzgruppe liegt und ob dieser Messwert im erwarteten Bereich ist. Für das Körpergewicht beispielsweise ist ein Körpergewicht unterhalb der 5%-Perzentile (das heißt nur 5% der Population haben dieses oder ein geringeres Gewicht) ein Anzeichen für ein relativ zu geringes Gewicht, das beobachtet und ggf. behandelt werden sollte.
Wir haben dieses Wachstumskurvenprinzip auf Hirnregionen übertragen. Das heißt, wir haben mithilfe von mehr als 100.000 MRTs von Personen eines repräsentativen Vergleichskollektivs, das von Geburt bis ins Alter von 100 Jahren reichte, die Verteilungen (d.h. die Wachstumskurven) der Dicke und der Oberfläche von Regionen der Hirnrinde bestimmt. In der Abbildung 2 sehen Sie die Verteilung der Hirnrindendicke einer ausgewählten Hirnregion (es ist die sogenannte Insel) von Geburt bis ins Alter von 40 Jahren; die dickere mittlere Linie zeigt den Verlauf der 50%-Perzentile, was dem Mittelwert entspricht, die obere und untere Linie zeigen die Verläufe der 95%- und 5%-Perzentilen; die Punkte zeigen die Lagen der einzelnen Teilnehmer*innen unserer Bayerischen Entwicklungsstudie im Alter von 26 Jahren (BEST 4 Untersuchung), schwarz entspricht einer reifgeborenen Person, rot einer frühgeborenen Person. Sie erkennen, dass nur sehr wenige Personen unterhalb der 5%-Perzentile liegen, was einer auffälligen Lage entsprechen würde. Außerdem liegen auch reifgeborene Personen unterhalb der 5%-Perzentilen.

Abbildung 2: Dicke der Insel-Hirnrinde. 50%-Perzentile (schwarz), 95%-Perzentile (grau, oben) und 5%-Perzentile (grau, unten) der Insel-Dicke in der Vergleichspopulation. Dicke der Insel von Probanden der BEST4-Studie
(rot: PT (preterm) = Frühgeborene; schwarz: FT (full-term) = Termingeborene).
Unsere Ergebnisse im Überblick: Frühgeborene zeigen sehr individuelle Muster an Hirnveränderungen
Es gibt kein einheitliches, typisches Muster, das auf alle Frühgeborenen zutrifft. Nur etwa 10-15% frühgeborener Personen liegen unterhalb der 5%-Perzentile. Diese Beobachtung trifft für alle anderen Regionen des Gehirns, für unterschiedliche Maße wie Dicke oder Oberfläche einer Hirnregion, für verschiedene Alter von Neugeborenen, Kindern und jungen (BEST 4) und mittelalten (BEST 6) Erwachsenen zu. Für all diese verschiedenen Alter fanden wir auch kein typisches räumliches Muster von auffälligen Hirnrindenveränderungen. Wir schlossen daraus, dass Hirnveränderungen nach Frühgeburt sehr unterschiedlich in Stärke und Ort verteilt sind.
Hirnveränderungen bleiben zwar über die Zeit örtlich stabil (d.h. es kommen nach Geburt in der Regel keine neuen Hirnveränderungen hinzu und die bereits bestehenden wechseln ihren Ort nicht), aber sie sind in ihrem Schweregrad durch die Güte der sozialen Beziehungen (das sind vor allem die Eltern-Kind-Beziehungen) beeinflussbar (d.h. plastisch!), ein wichtiger und ermutigender Befund. Dies ist in Abbildung 1 dargestellt: die in grau bis schwarz markierten Hirnbereiche bleiben örtlich stabil für alle drei Beispiele über den zeitlichen Verlauf von links nach rechts, aber der Schweregrad verändert sich je nach besserem oder schlechterem sozialem Umfeld, dargestellt durch die farbigen Umgebungskästen.
Daraus ergeben sich zwei direkte diagnostische und therapeutische Vorschläge für die verbesserte Behandlung Frühgeborener nach Geburt und im Verlauf der frühen Entwicklung: wegen der großen Unterschiede der Hirnveränderungen nach Frühgeburt sollte eine MRT-Untersuchung zur Risikoabschätzung des weiteren Verlaufes durchgeführt werden; wegen des positiven Effektes eines guten sozialen Umfeldes auf die frühe Hirnentwicklung sollte dieses soziale Umfeld gezielt mit sozialpsychologischen Maßnahmen gestärkt werden z.B. regelmäßige Eltern-, Kinderarzt- und Betreuerschulungen.
Wir glauben, dass weitere Untersuchungen dieser Art nötig sein werden, um unsere Behandlungsmöglichkeiten von Frühgeburt zu verbessern.
Ihre Meinung zählt
Uns haben schon einige Rückmeldungen zu dieser Studienphase erreicht, dafür vielen Dank. Wir freuen uns nicht nur über positive Rückmeldungen, sondern auch über Vorschläge, wie wir die Kommunikation und die Durchführung der Untersuchungstermine verbessern können. Sie erreichen uns weiterhin per Email: BEST@ukbonn.de oder telefonisch (mit Rufumleitung und Anrufbeantworter unter 0228/ 287-33533.
Wenn Sie bei diesem Untersuchungsdurchgang nicht kontaktiert wurden, kann das zum einen daran liegen, dass Sie nicht zur jetzigen Zielgruppe gehörten oder wir keine aktuellen Kontaktdaten von Ihnen haben. Sie können uns hier weiterhelfen, wenn Sie uns Änderungen Ihrer Kontaktdaten selbständig mitteilen.
Jetzt liegen wieder das Weihnachtsfest und der Jahreswechsel vor uns. Wir wünschen Ihnen und Ihren Liebsten ein erfülltes Weihnachtsfest, den Alltag etwas zur Seite schieben zu können und für 2026 die Erfüllung von Wünschen und Träumen, bleiben Sie gesund und optimistisch und wir würden uns sehr freuen, wenn Sie BEST weiter verbunden bleiben.
Mit herzlichen Grüßen
Prof. Dieter Wolke Prof. Peter Bartmann Prof. Christian Sorg Dr. Barbara Busch
kurz vor dem Jahreswechsel ist wieder eine gute Zeit, Sie mit unserem Newsletter über den Fortgang und die Ergebnisse der Bayerischen Entwicklungsstudie zu informieren.
Die Fortschritte und Ergebnisse der Bayerischen Entwicklungsstudie vom Dezember 2011
Die Fortschritte und Ergebnisse der Bayerischen Entwicklungsstudie vom September 2012
Die Fortschritte und Ergebnisse der Bayerischen Entwicklungsstudie vom August 2013
Die Fortschritte und Ergebnisse der Bayerischen Entwicklungsstudie vom April 2014
Die Fortschritte und Ergebnisse der Bayerischen Entwicklungsstudie vom Juni 2015
Die Fortschritte und Ergebnisse der Bayerischen Entwicklungsstudie vom März 2016
Die Fortschritte und Ergebnisse der Bayerischen Entwicklungsstudie vom März 2018
Die Forschritte und die Ergebnisse der Bayerischen Entwicklungsstudie vom Dezember 2019
Die Fortschritte und Ergebnisse der Bayerischen Entwicklungsstudie vom Dezember 2023
Die Fortschritte und Ergebnisse der Bayerischen Entwicklungsstudie vom Oktober 2022
kurz vor dem Jahreswechsel ist wieder eine gute Zeit, Sie mit unserem Newsletter über den Fortgang und die Ergebnisse der Bayerischen Entwicklungsstudie zu informieren.